Ushuaia – Das Ende der Welt?

„Tierra del Fuego“ – Feuerland. Der südlichste Zipfel von Argentinien ist so ganz anders, als man es vom Ende der Welt, als das sich Ushuaia gerne bezeichnet, erwartet. Die Stadt begrüßte uns mit einem grauen, regnerischen Tag. Überhaupt ändert sich das Wetter hier oft und schnell, an einem einzigen Tag kann man quasi vier Jahreszeiten erleben. Mal ist es mild, dann zeigt sich Ushuaia wieder von seiner rauen Seite. Ein paar Tagen zuvor hatte es sogar noch geschneit, dabei ist doch im November eigentlich schon fast Sommer…

Die Stadt ist eine zusammengewürfelt wirkende, erstaunlich große Ansammlung an bunten Häuschen in verschiedensten Baustilen. Einige von ihnen sind ganz schön, die meisten aber touristisch-praktische Bauten. Dazwischen schlängeln sich rechts und links der etwas breiteren Hauptstraßen zum Teil steile Straßen die Hänge der umliegenden Berge empor. Ushuaia ist gewachsen, weil es musste. 

Der Blick von oben macht noch einmal deutlich, wie wirr die Stadt in den letzten Jahren in alle Richtungen scheinbar planlos gewachsen ist.

Der Name Ushuaia bedeutet in der Sprache der Ureinwohner Yámana so viel wie „Bucht, die nach Osten blickt“. Auch dabei handelt es sich also (mal wieder) ganz einfach um eine Art geografische Lagebeschreibung. Abgeschieden liegt die Stadt am Ende der Ruta 3, die sie irgendwie – und doch nicht so richtig – an Patagonien und den Rest des Landes anbindet.

Der Schlepper „Saint Christopher“ ist in den fünfziger Jahren im Hafen von Ushuaia gestrandet.

Mit knapp 1000 Kilometern „kürzeste“ Verbindung – die Schiffsreise dauert immer noch rund 10 Tage – ist Ushuaia außerdem Ausgangspunkt für Antarktisexpeditionen sowie beliebter Zwischenhalt für viele Kreuzfahrtschiffe.

Die Region (ohne viel Geld) entdecken

Ein Aufenthalt in der südlichsten Stadt Argentiniens – und offiziell auch der Welt, denn alle Orte, die noch weiter im Süden liegen, zählen tatsächlich nicht als Städte – kann einen durchaus teuer zu stehen kommen. Bootsausflüge auf dem Beagle-Kanal oder zu den Inseln mit den Pinguinen sind eher etwas für den prall gefüllten Geldbeutel. Doch nicht nur die touristischen Touren, Hotels und Restaurants sind teuer, auch das alltägliche Leben ist am Ende der Welt recht kostspielig. Denn fast alle Waren müssen über weite Strecken auf dem Meer- oder Landweg in die Stadt gebracht werden.

Einige Kilometer außerhalb von Ushuaia liegt die türkisblaue Laguna Esmeralda. Man kann sie in einer mehrstündigen Wanderung durch ein schönes Wald- und Moorgebiet (siehe Bild) erreichen.

Eines jedoch ist an diesem abgelegenen Fleckchen Erde völlig umsonst: die pure Schönheit der Natur! Die genießt man am besten auf einer der zahlreichen schönen Wanderungen, die man rund um Ushuaia unternehmen kann. Umgeben von mehreren Bergen, Wäldern und Seen bieten sich kurze Ausflüge, Ein- und Mehrtagestouren für jeden Geschmack an. Ungefiltert zeigt sich Feuerland hier von seinen schönsten und beeindruckendsten Seiten.  Der Nationalpark Tierra del Fuego schützt einen Teil der einzigartigen Natur in der Umgebung Ushuaias, aber vor allem außerhalb davon gibt es viel zu entdecken. Am besten bei den Einheimischen nach tollen Wanderrouten und Ausflugszielen fragen.

Auch der Hafen der kleinen Stadt ist einen Spaziergang wert. Zahlreiche große und kleine Boote liegen hier vor Anker, schaukeln sanft auf dem blauen Wasser hin und her. Bunte Tickethäuschen säumen die Promenade und werben mit tollen Bilder für die angebotenen Touren auf dem Beagle-Kanal.

Etwas über die Ursprünge der Stadt erfahren

1884 offiziell als Strafkolonie gegründet, diente Ushuaia immer dem Zweck, sich am südlichsten Zipfel Südamerikas gegen den Nachbarn Chile zu behaupten. Einige Jahre zuvor kamen bereits englische Missionare in die abgelegene Gegend, um sich der „wilden“ Ureinwohner anzunehmen. Die Yámana, Selk’nam und Haush siedelten als Jäger, Sammler und Fischer auf der großen Insel Isla Grande de Tierra del Fuego. Sie glaubten an die magische Kraft der Natur und spirituelle Geister und lebten mit der sie umgebenden Landschaft im Einklang.

Ende des 19. Jahrhunderts hielt die „Zivilisation“ Einzug. Der Goldrausch schwemmte ab 1883 zahlreiche Siedler nach Feuerland. 1902 begann man mit dem Bau des Presidio genannten Gefängnisses, in dem fast 50 Jahre lang Gewaltverbrecher und politische Gefangene inhaftiert waren. Sie bauten die Ferrocarril Austral Fueguino, auf deren Gleisen heute der Tren del Fin del Mundo (Zug vom Ende der Welt) Touristen durch den Nationalpark fährt.

Heute sind in dem panoptisch konstruierten Gebäude (Prinzip der absoluten Überwachung) mehrere Museen untergebracht. Das Museo Marítimo (Schifffahrtsmuseum), das Museo Antártico (Antarktikmuseum) und das Museo de Arte Marino (Museum für maritime Kunst) beschäftigen sich mit allem rund ums Meer. Im Museo del Presidio (Gefängnismuseum) erfährt man mehr zur Geschichte der ehemaligen Sträflingskolonie und dem Gefängnis selbst.

Der gewaltsamen Verdrängung durch die Moderne und einigen aus Europa eingeschleppten Krankheiten hielt die ursprüngliche Bevölkerung von Feuerland nicht Stand. Sie wurde bedauerlicherweise fast vollständig ausgerottet. Die Einwohner von Ushuaia haben daher kaum eine gemeinsame Identität. Viele sind erst seit einigen Jahren, als der Tourismussektor zu wachsen begann, in die Stadt gekommen. 10.000 Einwohner hatte Ushuaia noch 1980, weit über 60.000 werden es heute sein. Aber längst nicht jeder ist dem ganzjährig kalten und feuchten Klima dauerhaft gewachsen.

Geschichte und Natur von Feuerland kennenlernen

Bereits vor der kolonialen Besiedlung des Gebietes interessierten sich zahlreiche europäische Forscherteams für das raue Klima, die besondere geografische Lage, die einzigartige Tier- und Pflanzenwelt sowie die noch verbliebenen Indianerstämme in der Gegend rund um Ushuaia. Mehr darüber erfährt man im Museo del Fin del Mundo (Museum vom Ende der Welt). Seit seiner Eröffnung 1979 dient es der Bewahrung des geschichtlichen und naturräumlichen Erbes von Ushuaia und der Provinz Feuerland. Mit dem Ticket für das Museo del Fin del Mondo (der Eintritt kostet AR$130, für Studenten AR$50) kann man auch die einige Häuser weiter gelegene Antigua Casa de Gobierno (ehem. Regierungsgebäude) besuchen. In dem Gebäude von 1891 wurden einige nette Fundstücke des alten Ushuaia zusammengetragen.

Einst waren Himmel und Erde eins, ein riesiger, kalter Eisblock. Bis Kenos, der gute und wohlwollende Gott, die Sonne schuf, die er später in Sonne und Mond teilte. Daraufhin konnte auch die Erde gedeihen, Vögel und Guanacos (ein Verwandter der Lamas) bevölkerten sie. So stellen sich die Ureinwohner Feuerlands die Schöpfungsgeschichte vor. Die fünf heute allgemein als Feuerländer bezeichneten Stämme lebten vom Fischfang und der Jagd auf Guanacos, schliefen in Zelte aus Tierhäuten und trugen diese auch als Kleidung, um sich vor dem rauen Klima zu schützten. Über viele Jahrtausende passten sie sich nahezu perfekt den extremen Lebensbedingungen an diesem abgelegenen Fleckchen Erde an. Die nomadischen Völker verehrten die Pachamama (Mutter Erde) und ihre Medizinmänner praktizierten ihr zu Ehren oder um Gaben der Natur zu erbitten verschiedenste Rituale.

Die Casa Beban (Eintritt frei) zeigt, wie ein Haus in Ushuaia Anfang des 20. Jahrhunderts ausgesehen hat. Neben kann das Museo de la Ciudad besichtigt werden. Für beides muss man nicht allzu viel Zeit einplanen.

Wissen, warum das Ende der Welt Feuerland heißt

Die Region hat ihren Namen Fernando Magellan zu verdanken. Als dieser um 1520 mit seiner Mannschaft bei seiner ersten Weltumsegelung – er war auf der Suche nach der Wasserstraße zum Pazifik – die argentinische Südküste entlanggesegelt, erspähte er an Land immer wieder die in der Nacht leuchtende Lagerfeuer der Ureinwohner. Das zerklüftete Inselgebiet erhielt seinen Namen: Tierra del Fuego (Land des Feuers bzw. Feuerland).

Auch die Bezeichnung für die Region Patagonien entstammt übrigens einer Beschreibung Magellans, der die dort lebenden Tehuelche-Indianer aufgrund seiner Beobachtungen und ihrer imposanten Statur sowie in Anlehnung an die Sage über den Riesen Pathagón patagones nannte, was so viel bedeutet wie „Großfüßer“.

La Esquina de la Medialuna
Magallanes 1706

Etwas außerhalb vom Stadtzentrum liegt diese Bäckerei in der man neben Brot & Brötchen auch eine sehr große Auswahl an leckeren Teilchen (medialunas) findet. Abends ab 20.00 Uhr gibt es 50% auf alles – früh da sein und eine Nummer ziehen, sonst bekommt man nichts mehr.

Reisetipps

WANDERTOUREN
Fünf tolle und sehr unterschiedliche Wanderrouten rund um Ushuaia habe ich in Texten und Bildern ausführlich festgehalten. Ihr findet sie HIER auf dem Blog.

Hinkommen
Am einfachsten gelangt man mit dem Flugzeug nach Ushuaia. Der kleine Flughafen hat eine tolle Lage am Beagle-Kanal und wenn man rechtzeitig kommt bekommt man einen Fensterplatz mit grandioser Aussicht (bei schönem Wetter).

Wer weiter nach Chile möchte, der fährt mit dem Bus nach/über Punta Arenas.

2 Kommentare bei „Ushuaia – Das Ende der Welt?“

  1. Danke für den Rundgang am Ende der Welt!! Unsere Wanderschuhe stehen parat, um die vier angekündigten Wanderrouten mit euch zu gehen 🙂 😉 !!

  2. Das Ende der Welt hab ich mir auch anders vorgestellt, ist ja wirklich schön dort.Da würde ich auch gerne wandern

Schreibe einen Kommentar