Das Leben an der Karibikküste findet auf der Straße statt. Daher ist auch die Kunst dort zu Hause. Vor allem in Getsemaní, einem expandierenden Viertel nahe des historischen Zentrums der Stadt, findet man viele bunt bemalte und besprayte Wände.
Hier lebten zunächst die Sklaven der Spanier, später die Arbeiterklasse. Prostitution und Drogen waren früher an der Tagesordnung. Heute ist Getsemaní ein aufstrebender Stadtteil Cartagenas, in dem Hostales, Restaurants und Bars nur so aus dem Boden sprießen und die Einheimischen nach und nach vertreiben. Bisher hat es seinen Charme jedoch nicht verloren, die Mischung macht es hier immer noch aus. Auch die Street Art trägt ihren Teil zur besonderen Atmosphäre in Getsemaní bei.
Nachdem Street Art in den 1960er/70er Jahren in den USA populär wurde, schwappte die Welle irgendwann auch nach Südamerika über, wo alles Amerikanische stets begeistert aufgenommen wurde. Stencils (Figurenschablonen, die aufgesprüht werden), Paste-Ups (aufgezogene Plakate) und vor allem sogenannte Murals, riesige Wandgemälde, finden sich auf den Wänden von heruntergekommenen Häusern oder Grundstücksmauern. Einige von ihnen sind legal entstanden, die meiste Street Art bewegt sich jedoch auch in Kolumbien eher im halblegalen Bereich. Sie werden toleriert. Doch dafür mussten erst mehrere Sprayer ihr Leben lassen und die Street Art Szene von Kolumbien einige Male offen protestieren.
In den meist großflächigen Murals verarbeiten die Künstler das historische und kulturelle Erbe ihrer Stadt bzw. ihres Landes. Vor allem die Eroberung und Stadtgründung durch die Spanier und die vielen schwarzen Sklaven, die sie mitbrachten, sind Inhalt vieler Bilder.
Ein Beispiel dafür: 2010 waren verschiedene Künstler aufgerufen, im Rahmen des Projektes „Pedro Romero Vive Aquí“ (Pedro Romero lebt hier) eine Hommage an Pedro Romero auf die Wand zu bringen. Der kubanische Kunsthandwerker spielte eine wichtige Rolle im Kampf um die Unabhängigkeit Cartagenas von Spanien. Da es jedoch keine Aufzeichnungen gibt, wie er aussah, hat jeder Künstler sich ein eigenes Bild von ihm gemacht.
Auch aktuelle Entwicklungen, wie die Gentrifizierung des Viertels Getsemaní, haben Einfluss auf die Kunst. Das auf einigen Hausfassaden zu lesende „No se vende“ ist ein Pendant zu den vielen „Se vende“-Schildern, die man sieht, wenn man durch die Straßen geht. Denn viele Bewohner des Viertels müssen unfreiwillig ihre Häuser verkaufen, weil sie sich Mieten und Unterhalt dort nicht mehr leisten können. Sie machen (internationalen) Investoren Platz, die das Potenzial von Getsemaní entdeckt haben und so die Einheimischen verdrängen.
Unter dem Slogan „Getsemaní reiste“ (Getsemaní wehrt sich) sind in den letzten Jahren viele Wandbilder entstanden. Gemeinsam lehnt man sich gegen die „feindliche Übernahme“ des Viertels auf.
Viele der Street Art Kunstwerke sind in der Calle de la Sierpe (auch Calle 29) zu sehen. Doch auch rund um den Plaza de Trinidad entdeckt man in vielen kleinen und größeren Straßen die bunten Bilder an den Hauswänden.
Ein Stadtspaziergang in Getsemaní lohnt dich auf jeden Fall!
Reisetipp
Unbedingt an der etwa zweistündigen Street Art Tour teilnehmen. Sie startet jeden Tag um 10.00 Uhr am Plaza de Trinidad mitten in Getsemaní und ist kostenfrei (ein kleiner Beitrag ist jedoch erwünscht). Dabei lernt man nicht nur etwas über die verschiedenen Künstler, sondern auch über die Geschichte der Stadt, die Straßenkunstbewegung in Kolumbien und die Bedeutung vieler einzelner Bilder.
Das ist ja eine interessante bunte Welt, die ihr uns da zeigt !!
Das ist ja richtig tolle Kunst. Ist schon erstaunlich, wieviel Potenzial in einigen
Mens
chen steckt, alles Künstler, die unentdeckt bleiben. Schade