Cañon de Colca – Heimat des Königs der Lüfte

Nur rund 160 Kilometer von Arequipa entfernt befindet sich einer der tiefsten Canyons der Welt, der Cañon de Colca. Mit Stellen, die bis zu 3.200 Meter in die Tiefe reichen, wirkt er oft schroff und gewaltig. Beeindruckend und mit den verschiedenen Vegetationszonen immer wieder anders breitet sich das Tal an vielen Stellen vor dem Auge des Betrachters aus.

Tag 1 – Ins tiefe Tal hinabsteigen

Start der zweitägigen Tour ist um 3.00 Uhr morgens in Arequipa. Bis der Cañon de Colca erreicht wird, dauert es jedoch noch einige Stunden. Zeit zum Ausruhen, während der Bus sich immer weiter die Berge hinaufkämpft.

Nach einem schnellen Frühstück in Chivay geht es endlich hinein ins Colca-Tal. Der Cañon de Colca ist und 70 km lang und zu Beginn noch breit und von Grün bewachsen. Die Schlucht des Canyons wird immer breiter und der hindurchfließende Río Colca frisst sich tiefer hinein.

Erstes Ziel des Tages ist der Mirador la Cruz del Cóndor (Aussichtspunkt „Kreuz des Kondors“), von dem aus sich der Canyon mit den steilen Felswänden in seiner ganzen Schönheit zeigt.

Hier brüten die Andenkondore, die sich vor allem morgens und am Nachmittag von den thermischen Aufwinden in der Schlucht immer weiter in die Höhe tragen zu lassen. Die riesigen Tiere mit einer Flügelspannweite von bis zu 3 Metern galten lange als Könige der (südamerikanischen) Lüfte. Die indigenen Besucher der Region lebten mit ihnen und der Natur im Einklang. Sie verehrten den gigantischen Kondor sogar als Gottheit. Der Kondor ist das Symbol für ein langes Leben und auch bekannt als „Vogel der Ewigkeit“. Durch die spanischen Siedler und ihre Schafsherden (für den Kondor leichte Beute) wurde er jedoch zum gejagten Feind und fast ausgerottet.

Das Wetter ist klar und sogar ein wenig sonnig, doch es will sich einfach keines der majestätischen Tiere zeigen. Vergebens warten alle Besucher an diesem Morgen auf den Aussichtsplattformen auf den Nationalvogel Perus…

Die Wanderung durch das Valle del Colca (Colca-Tal) startet unweit des kleinen Städtchens Cabanaconde auf rund 3.287 Metern. Von hier aus geht es auf serpentinenartigen Wegen immer tiefer hinab. Die Wege sind staubig und es wird langsam immer wärmer. Hier wächst nicht viel, außer einigen großen, grünen Kakteen und dazwischen dürren Sträuchern sowie vereinzelten kleinen, bunten Blumen. Dennoch hat diese raue Landschaft etwas ganz eigenes, Wunderschönes.  

Die felsigen Bergwände, die sich auch schon mal direkt über dem Weg auftürmen, sind beeindruckend. Mit der Wanderung der Sonne verändern sie im Laufe des Vormittags ständig ihre Farbe, schimmern mal grau, mal grün, mal rötlich.

Immer wieder entdeckt man Wege auf der anderen Seite des Tals, die weit auf den Berg hinaufgehen, wo niemand mehr zu wohnen scheint. Wohin sie wohl führen?

Tief unten windet sich der Río Colca durch das Tal. Das Flussbett ist felsig und an den Seiten ist es grüner. Zurzeit führt er nicht allzu viel Wasser, denn erst der Regen bringt es aus den Bergen mit. Rund 1.200 Höhenmeter ist man hinabgestiegen, wenn man die Brücke erreicht, die den Fluss im Tal überquert.

 

Nicht weit geht es danach wieder hinauf, dafür aber ist der enge Pfad extrem steil. Ein anstrengender Aufstieg, für den ein toller Blick (von der anderen Seite) ins Tal entschädigt. Kurze Zeit später wird in dem kleinen Dorf San Juan de Chuccho eine Mittagspause eingelegt. Hier gibt es ein typisches Almuerzo (Mittagessen) mit Suppe und einem Reisgericht – für uns mit Alpakafleisch.

Der Guide erklärt Bedeutung und Nutzung verschiedener Bäume und Pflanzen. Besonders interessant sind die vielen, fast gänzlich mit einer weißen Schicht überzogenen Kakteengewächse. Eine Insektenart, die sogenannte Cochenilleschildlaus, hat sich hier niedergelassen. Sie produziert einen kirschroten Farbstoff, der unter anderem Anwendung in der Kosmetikindustrie findet.

Weiter geht es nun durch einen fast dschungelähnlichen Abschnitt des Tals. Hier wachsen Bäume, Sträucher und vereinzelte Palmen. Kein Vergleich zu der kargen, felsigen Landschaft am Vormittag.

Doch Vegetation und Mensch haben nur einen Teil des Tals erobert. Hinter dem grünen Wald beginnt schon bald wieder karge, trockene Wüste. Erbarmungslos scheint hier mittags die Sonne auf die Wanderer hinunter. Einige indigene Terrassen liegen verlassen und öde am Berghang.

Dann jedoch geht man über die nächste Kuppe und vor einem tut sich ein fast unfassbares Bild auf: eine grüne Oase liegt dort unten im Tal, mit schicken Häusern, kleinen Hütten und hellblauschimmernden Pools. Der Ort heißt passenderweise Sangalle el Oasis und liegt etwas oberhalb des Río Colca.

Von nun an geht es nur noch bergab, bis man die zweite Brücke erreicht, die wieder auf die andere Seite des Tals führt. Bis zum Nachtlager sind es nur noch wenige hundert Meter.

Sobald es dunkel wird, tut sich am Himmel ein unfassbares Bild auf: tausende von Sternen und die Milchstraße erstrecken sich im Dunkel der Nacht.

Tag 2 – In den Tag hinein wandern

Am nächsten Morgen geht es schon früh um 4.30 Uhr los, den Berg hinauf nach Cabanaconde, das rund 1.000 Höhenmeter (verteilt auf 5 Kilometer Weg) von der auf 2.180 Metern gelegenen Oase trennt. Der Aufstieg ist beschwerlich, aber das Panorama absolut einzigartig: Langsam geht die Sonne hinter den Bergen auf, taucht die hintersten Reihen in ein warmes, gelb-orangenes Licht. Die Berge davor schimmern noch in nächtlichen Blautönen – wunderschön!

Da muss man zwischendurch einfach stehenbleiben, tief Luft holen und die Aussicht genießen. Denn für diesen grandiosen Ausblick lohnt sich auch die Anstrengung des (für mich) rund zwei Stunden und 20 Minuten dauernden Weges (bis zu drei Stunden sind dafür eingeplant). Mal mehr, mal weniger steil, aber immer im Zickzack, geht es den Berg hinauf, den man am Tag zuvor an anderer Stelle hinuntergelaufen ist.

Am blumengeschmückten „Gipfelkreuz“ tummeln sich bereits die ersten Ankömmlinge und freuen sich über das Erreichen des Aussichtspunktes. Was für ein wunderbares Gefühl, endlich angekommen zu sein – erschöpft, aber auch fast am Ziel der Wanderung.

Das letzte Wegstück führt schließlich eben über kleine Wege zwischen Felder und Häuschen entlang nach Cabanaconde. Dort gibt es ein wohlverdientes Frühstück und der Tag grüßt dort mit strahlendem Sonnenschein.

Auf dem Rückweg nach Arequipa sind mehrere Stopps geplant. Zunächst geht es wieder vorbei am Cruz del Condor (ohne anzuhalten) und endlich ist aus dem Bus wenigstens einer der gigantischen Vögel zu sehen.

Das Hochland der Colca-Schlucht besteht aus großflächig angelegten Terrassen. Sie werden teilweise auf über 800 Jahre geschätzt, sind also noch vor der Zeit der Besiedlung durch die Inka entstanden. Bis heute werden sie bewirtschaftet, um Nutzpflanzen, wie Mais, Kartoffeln, Bohnen und weitere Gemüsesorten sowie Obst anzubauen.

Die Bewohner der umliegenden Ortschaften bieten an der Straße ihre bunten Waren an und haben kleine Alpacas mitgebracht, die gegen einen Obolus fotografiert werden können.

Aus der lokalen, grüne Kaktusfeige Sancayo wird hier ein Colca Sour, in Anlehnung an das peruanische Nationalgetränk Pisco Sour, zubereitet. Das Fruchtfleisch von Sancayo sieht ein bisschen aus wie bei einer Kiwi und ist sehr sauer.

Nahe bei Chivay kann man die Thermalquellen La Calera besuchen. Vielleicht aber noch ein wenig spektakulärer ist die Nähe zum Río Colca, der hier zwischen großen, vom Wasser rund geschliffenen Felsen hindurchplätschert.

In schier endlosen Serpentinen geht es vom 3.650 Meter hoch gelegene Chivay weiter Richtung Arequipa, zum höchsten Abschnitt der Strecke. Nächster Stopp ist der Patapampa Pass kurz hinter Chivay, wo auf (offiziell) 4.910 Metern der Mirador de los Andes (Aussichtspunkt „der Anden“) liegt. Es ist kalt und windig, aber das Wetter meint es gut. Der Blick auf alle Vulkane der Umgebung ist frei. Dass es so viele sind, lässt staunen.

Der Bus fährt von dort aus immer weiter hinunter ins Hochland der Pampa. Die Landschaft verändert sich. Die Hügel sind nicht mehr felsig-schroff und von Kakteen bewachsen, stattdessen ziehen weiche Hügel mit kleinen Moosflecken und hellgelben Grasbüscheln am Fenster vorüber. Immer wieder erspäht man winzige blaue Seen mit schwarzen Vögeln oder auch freilebenden Vikunjas, einzeln und in Herden.

Im Naturreservat Pampa Cañahuas weiden einige riesige Llama- und Alpaca-Herden auf dem Hochlandgras. Hier darf ein Fotostopp natürlich nicht fehlen, denn die Kulisse und die wunderschönen Tiere in verschiedensten Farben sind einfach großartig.

Zu unterscheiden sind Llamas und Alpacas übrigens an Fell und Körperbau. Während die etwas schmaleren Llamas mit den langen Hälsen in zahlreichen Farbvarianten zu finden sind, beschränkt sich die Fellfarbe der wesentlich wolligeren Alpacas meistens auf Weiß oder Dunkelbraun.

Die nun immer trockener werdende Pampa bietet noch einmal besondere Blicke auf die Arequipa umgebenden Berge und Vulkane. Was für eine beeindruckende Landschaft. Zwei Tage sind kaum genug, um sie zu erkunden.

Reisetipps

Für den Besuch des Cañon de Colca ist ein sogenanntes Boleto Touristico notwendig (S/. 70). Dieses kauft man am besten direkt im Bus. Bei einer geführten Tour übernimmt das der Guide, der zuvor das Geld einsammelt.

Unbedingt genug Wasser mitbringen und auch unterwegs trinken! Die stundenlangen Wanderungen sind – vor allem aufgrund von Höhe und Sonne – sehr anstrengend und der Körper braucht die Flüssigkeit. Auch Sonnencreme ist unabdinglich, ein Schal bzw. eine Kopfbedeckung können nicht schaden.

Trotz der Wärme im Canyon sollte man auch eine Jacke dabeihaben, denn abends und in der Höhe ist es auch schon mal kühl und windig. Vor allem am Mirador de los Andes ist man darüber froh.

3 Kommentare bei „Cañon de Colca – Heimat des Königs der Lüfte“

  1. Schade, dass sich die Kondore nicht in voller Pracht gezeigt haben, aber schon so war es sicherlich eine “Gänsehaut”-Tour – auch wenn sie dir/euch körperlich einiges abverlangt hat. Sehr, sehr beeindruckend 🙂 !!

  2. Einfach toll, was Ihr so erlebt und beeindruckend. Wie schön ist doch die Welt

  3. Ich will auch mal dahin!!

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